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Vom Ruhrpott an die Saale: Eine Exkursion mit Hindernissen

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Im Rahmen unseres Studiums an der Hochschule Anhalt und dem Modul „Lokalisierungsprojekt“ wagte sich am 27.05.2019 eine kleine Gruppe Studierender auf einen unvorhersehbar beschwerlichen Weg von Köthen zum Zielort Merseburg mit Zwischenstopp in Halle (Saale). Dieser Tag hielt eine Exkursion bereit, um Land und Leute besser kennenzulernen und unsere Impressionen in einer Abschlussarbeit für das „Halle-Saale-Netzwerk“ einfließen zu lassen.

Da ich selber ursprünglich aus dem Ruhrgebiet komme und zum Studieren in die Region gezogen bin, war dies der ideale Anlass, um mich selbst mit der Region zu beschäftigen. Zugegeben, in meiner Freizeit wäre ein solcher Ausflug eher unwahrscheinlich, daher war diese Exkursion eine überaus passende Gelegenheit für mich.

Eine holprige Anreise

Die Unternehmung begann mit dem Treffen am Köthener Hauptbahnhof um zehn Uhr vormittags. Das Ziel schien recht unkompliziert: Die Reise von Köthen nach Merseburg über Halle (Saale). Diese Planung und einhergehende Erwartungen wurden jedoch bereits nach kurzer Zeit durchkreuzt. Per Durchsage im Zug wurde von einer Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg berichtet.

Unsere Route änderte sich schlagartig und würde uns nun, statt wie geplant über Halle (Saale), über Leipzig und dann mit dem Bus nach Merseburg führen. Es war bereits zu erahnen, dass der geplante Tagesablauf nur sehr schwer realisierbar sein würde. Doch die Vorzeichen unserer Anfahrt sollten sich noch weiter verschlechtern.

Ein unerwarteter Halt am Flughafen Leipzig-Halle, bei dem ein Fahrgast durch einen zugerufenen Notarzt behandelt werden musste, verzögerte die Zugreise um weitere zwanzig Minuten. Laut meiner Kenntnis blieb glücklicherweise der Ernstfall aus und uns nur der kurzweilige Schock.

Nach der Ankunft in Leipzig stiegen wir wie geplant in den Bus nach Merseburg. Die Fahrzeit betrug eine Stunde und unsere gesamte Fahrtdauer hatte sich mittlerweile auf drei Stunden für ungefähr 60 Kilometer addiert. Man konnte die bisherigen Ereignisse nur unter schicksalhafter Fügung verbuchen, da weder wir noch die Deutsche Bahn für eine Fliegerbombe oder einen ärztlichen Zwischenfall verantwortlich gemacht werden konnten.

Da dies dennoch drastische Auswirkungen auf unsere Tagesplanung hatte, war die allgemeine Gruppenstimmung nicht die beste.

Das Schloss Merseburg

Nach besagten drei Stunden war es dann endlich soweit: Wir erreichten den Hauptbahnhof Merseburgs. Dort wurden wir von unserer Stadtführerin in Empfang genommen, einer älteren Dame in mittelalterlicher Stadtwächtertracht. Die Dame versprühte einen sehr sympathischen Eindruck und wies uns, nach kurz Vorstellung, direkt den Weg in Richtung Merseburger Schloss. Um die bereits verlorene Zeit etwas zu kompensieren, würde uns eine „Express-Schlossführung“ erwarten.

Der Schlossgarten beim Schloss Merseburg und im Schlosspark.

Der Schlossgarten beim Schloss Merseburg und im Schlosspark.

Vom Merseburger Hauptbahnhof führte uns unser Weg geradewegs auf das Schloss Merseburg zu. Auf jenem waren noch die Überreste der alten Stadtmauer und der Schlossmauer zu erkennen. Diese wurden laut Stadtführerin mehrfach in der Geschichte Merseburgs versetzt. Dies lag unter anderem am regionalen politischen und religiösen Kontextwandel über die Jahrhunderte.

Die Stadt Merseburg war beispielsweise im 10. Jahrhundert eine Königspfalz, später ein Bistum und hat ebenfalls die Reformation miterlebt. Angekommen am Schloss Merseburg, fiel sofort das Gehege im Innenhof des Schlosses ins Auge. In jenem befand sich sowohl ein männlicher als auch ein weiblicher Rabe. Zu diesen erhielten wir durch unsere Stadtführerin folgende Hintergrundgeschichte:

Die zwei Raben von Schloss Merseburg

Im frühen Mittelalter gab es einen Vorfall am Schloss Merseburg, der einen Kammerdiener das Leben kostete. Der Diener wurde von seinem Schlossherren beschuldigt, einen wertvollen Ring gestohlen zu haben, welcher sich in der Stube des Schlossherren befand. Der Fall war für die damaligen Verhältnisse eindeutig, da neben dem Herrn selbst, nur der Kammerdiener Zugang zur Stube des Schlossherren hatte.

Der Kammerdiener wurde damals ohne ausreichenden Beweis hingerichtet. Einige Jahre später suchte ein schweres Unwetter das Schloss heim und beschädigte das Dach des Schlosses stark. Bei den Reparaturarbeiten wurde im Dachstuhl ein Rabennest mit dem vermeintlich gestohlenen Ring des Schlossherren gefunden. Es wurde schnell klar, dass ein Rabe und nicht der Kammerdiener den Ring gestohlen hatte.

Aus Scham für ein vorschnelles Urteil und als Strafe für den Raben wurde fortan ein Gehege im Innenhof mit einem lebenden Raben als „Gefangenen“ errichtet. Da man zu der Zeit jedoch der Annahme war, ein männlicher Rabe bräuchte auch einen weiblichen Raben als Gesellschaft, bekam der Rabe schon bald ein Weibchen in sein Gehege. Seither hat das Schloss Merseburg zwei lebende Raben in einem Gehege im Schlossinnenhof.

Der Innenhof, der Schlossgarten und die Abreise

Der Innenhof des Schlosses ist in Form eines Atriums, eines geschlossenen Innenhofs, erbaut. Nach der Besichtigung des Innenhofs besichtigten wir den Schlossgarten und die Außenanlagen des Schlosses. Beide waren überaus prachtvoll und entsprachen meiner Erwartungen an die Anlagen innerhalb eines Schlosses.

Der Innenhof im Merseburger Schloss.

Der Innenhof im Merseburger Schloss.

Kurz darauf mussten wir leider bereits den Rückweg zum Bahnhof antreten. Wir verabschiedeten uns von der Stadtführerin und machten uns auf den Weg, denn die Rückreise stand an. Da die ursprünglich geplante Bahnstrecke im Laufe des Tages leider nicht geräumt werden konnte, stand uns erneut eine Rückreise von drei Stunden bevor. Die Stimmung war demnach erneut sehr gedämpft.

Ein Detail zum Innenhof des Schlosses wird mir über die Heimreise hinaus noch lange im Gedächtnis bleiben. Die bereits erwähnte geschlossene Form war laut Stadtführerin nicht immer der Fall. Vielmehr wurde der Innenhof über die Jahre und durch die unterschiedlichen Schlossherren Stück um Stück erweitert und modernisiert, bis er im Zweiten Weltkrieg von einer Fliegerbombe schwer beschädigt wurde. Und so schließt sich, auf wohl eher makabre Art und Weise, unser anfänglicher Kreis.

Eine Reportage von Christopher Stell mit Unterstützung von Sören Vogel, Hochschule Anhalt in Köthen

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